Tab-Taste zeigt Sprunglinks an. Enter aktiviert den ausgewählten Sprunglink und navigiert direkt zum entsprechenden Seitenbereich.

Screenreader-Test bestehen: 7 Sofort-Checks für perfekte Barrierefreiheit

30. Juli 202511 Min. Lesezeit
Screenreader-Test bestehen: 7 Sofort-Checks für perfekte Barrierefreiheit

Als Screenreader-Nutzer erlebe ich täglich, welche Websites wirklich funktionieren und welche mich bereits nach wenigen Sekunden verzweifeln lassen. Die gute Nachricht: Mit sieben gezielten Sofort-Checks können Sie sicherstellen, dass Ihre Website für NVDA, JAWS und andere Screenreader optimal funktioniert. Diese Tests basieren auf meinen langjährigen Erfahrungen und zeigen Ihnen, worauf es wirklich ankommt[1].

Warum Screenreader-Tests unverzichtbar sind

Während automatisierte Tools wie WAVE oder Lighthouse wichtige technische Barrieren aufdecken, erfassen sie nur etwa 30% der tatsächlichen Probleme, die Screenreader-Nutzer erleben[2][3][4]. Ein echter Screenreader-Test zeigt Ihnen, wie Ihre Website tatsächlich "klingt" und ob sie logisch navigierbar ist. Besonders seit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) vom Juni 2025 sind solche Tests nicht nur ethisch geboten, sondern rechtlich erforderlich[5][6].

Die Realität ist ernüchternd: Selbst große Unternehmen scheitern oft an grundlegenden Screenreader-Anforderungen. Ein aktuelles Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung zeigt das Problem deutlich – bei der Flugbuchung einer großen Airline musste ich nach wenigen Minuten aufgeben und sehende Hilfe anfordern, weil die Navigation völlig unverständlich war[1].

Kostenlose Beratung sichern

Lassen Sie uns über Ihre Website-Barrierefreiheit sprechen

Jetzt Termin vereinbaren

Screenreader-Grundlagen: Die wichtigsten Programme im Überblick

Bevor wir zu den konkreten Tests kommen, ein kurzer Überblick über die relevanten Screenreader. NVDA (NonVisual Desktop Access) ist kostenlos und für Windows verfügbar – perfekt für erste Tests. JAWS (Job Access With Speech) ist kostenpflichtig, bietet aber eine 40-minütige Demo-Version. Beide verwenden ähnliche Tastenkombinationen und sind in Deutschland weit verbreitet[5][7][8].

Die wichtigsten Tastenkombinationen, die Sie kennen sollten: NVDA-Taste + Pfeil runter liest alles vor, Tab-Taste navigiert zwischen interaktiven Elementen, und H springt zur nächsten Überschrift. Mit Escape verlassen Sie den Formular-Modus und kehren zum normalen Lesemodus zurück[5][2][9].

Die 7 Sofort-Checks für Screenreader-Kompatibilität

1. Der Seitentitel-Check: Erste Orientierung perfekt gestalten

Der allererste Eindruck entscheidet. Wenn Sie eine Website mit NVDA öffnen und Strg+Home drücken, hören Sie zuerst den Seitentitel. Dieser muss aussagekräftig und einzigartig sein[2][10]. Statt "Startseite" sollte es heißen: "Online-Shop für Sportbekleidung - SportMax".

Sofort-Test: Öffnen Sie fünf verschiedene Seiten Ihrer Website und prüfen Sie die Browser-Tabs. Jeder Titel sollte spezifisch und unterscheidbar sein. Für Screenreader-Nutzer ist dies wie ein Inhaltsverzeichnis – unklare Titel führen sofort zur Verwirrung und zum vorzeitigen Verlassen der Website[10][11].

2. Überschriften-Hierarchie: Die logische Struktur, die alles zusammenhält

Überschriften sind für Screenreader-Nutzer wie ein Navigationssystem. Mit der H-Taste springen wir blitzschnell zwischen den Hauptabschnitten. Eine korrekte Hierarchie beginnt mit genau einer H1 pro Seite, gefolgt von H2-Überschriften für Hauptabschnitte und H3 für Unterabschnitte[5][2][10].

Sofort-Test: Drücken Sie in NVDA die H-Taste wiederholt und hören Sie die Überschriftenstruktur ab. Die Reihenfolge muss logisch sein – von H1 über H2 zu H3, ohne Sprünge von H1 direkt zu H3. Häufiger Fehler: Überschriften werden nur visuell gestaltet (groß und fett), aber nicht semantisch als , etc. ausgezeichnet[10][12].

3. Alternativtexte: Bilder, die sprechen können

Jedes informative Bild benötigt einen beschreibenden Alternativtext. Dekorative Bilder erhalten ein leeres Alt-Attribut (alt=""), damit sie übersprungen werden[5][2][6]. Der Alternativtext sollte prägnant den Inhalt und die Funktion beschreiben, nicht das Aussehen.

Sofort-Test: Navigieren Sie mit den Pfeiltasten durch Ihre Seite und achten Sie auf Bildbeschreibungen. NVDA sagt "Grafik" und dann den Alternativtext. Hören Sie stattdessen nur "Grafik" ohne Beschreibung, fehlt der Alt-Text. Besonders kritisch: Buttons und Links mit Bildern, die nur "Grafik" sagen – diese sind völlig unverständlich[6][13].

4. Tastaturnavigation: Der Weg durch Ihre Website

Alle Funktionen müssen per Tastatur erreichbar sein. Mit der Tab-Taste navigieren Screenreader-Nutzer zwischen Links, Buttons und Formularelementen. Der Fokus muss dabei deutlich sichtbar und in logischer Reihenfolge sein[5][2][11].

Sofort-Test: Starten Sie in der Adresszeile und drücken Sie Tab. Sie sollten alle wichtigen Elemente erreichen können: Navigation, Hauptinhalt, Buttons, Links. Achten Sie darauf, dass die Reihenfolge sinnvoll ist – von oben nach unten, von links nach rechts. Mit Shift+Tab kommen Sie rückwärts. Können Sie ein Element nicht erreichen oder "gefangen" werden, ist das ein kritischer Fehler[11][13].

5. Formular-Labels: Eindeutige Beschriftungen für jedes Eingabefeld

Jedes Formularfeld benötigt eine eindeutige, verständliche Beschriftung, die auch bei Fokus auf das Feld vorgelesen wird. NVDA wechselt automatisch in den Fokus-Modus, wenn Sie ein Eingabefeld erreichen[5][2][11].

Sofort-Test: Navigieren Sie mit Tab zu jedem Eingabefeld und hören Sie, was NVDA vorliest. Statt "Textfeld" sollten Sie hören: "Vorname, Bearbeiten" oder "E-Mail-Adresse, erforderlich, Bearbeiten". Fehlt die Beschriftung oder ist sie unverständlich ("Feld1"), können Nutzer das Formular nicht ausfüllen. Testen Sie auch Fehlermeldungen, indem Sie Pflichtfelder leer lassen[11][13].

6. Links und Buttons: Aussagekräftige Beschreibungen statt "Hier klicken"

Screenreader-Nutzer können sich alle Links einer Seite auflisten lassen (in NVDA mit NVDA+F7). Dabei hören sie nur die Linktexte, ohne Kontext. "Hier klicken" oder "Weiterlesen" sind daher völlig nutzlos[2][14][12].

Sofort-Test: Drücken Sie K für den nächsten Link oder B für den nächsten Button. Jeder Link sollte auch ohne Kontext verständlich sein: "Produktdetails iPhone 15" statt "Mehr erfahren". Bei Buttons sollte klar sein, was passiert: "Zum Warenkorb hinzufügen" statt nur "Button". Besonders wichtig: Links zu externen Seiten oder PDF-Downloads sollten das ankündigen[13][15].

7. Dynamische Inhalte: Änderungen, die ankommen

Moderne Websites ändern Inhalte dynamisch – durch Dropdown-Menüs, Benachrichtigungen oder Ajax-Updates. Screenreader müssen über diese Änderungen informiert werden, sonst bleiben sie unbemerkt[5][14][16].

Sofort-Test: Öffnen Sie Dropdown-Menüs, klicken Sie auf Akkordeon-Bereiche oder lösen Sie andere dynamische Änderungen aus. NVDA sollte die neuen Inhalte automatisch vorlesen oder zumindest ankündigen, dass sich etwas geändert hat. Kritisch: Fehlermeldungen, die nur visuell erscheinen, oder Bestätigungen, die Screenreader-Nutzer nie mitbekommen[16][12].

Praktische Durchführung: Step-by-Step zum perfekten Test

Vorbereitung des Tests

Installieren Sie NVDA kostenlos von nvaccess.org und konfigurieren Sie es für Tests[17][18]. Wichtige Einstellungen: Reduzieren Sie die Sprechgeschwindigkeit für besseres Verständnis, aktivieren Sie die visuelle Hervorhebung (unter "Einstellungen > Visuelle Darstellungen"), und setzen Sie die NVDA-Taste auf Capslock für einfachere Bedienung[5][18][19].

Der systematische Testablauf

Beginnen Sie mit einem "passiven" Durchlauf: Öffnen Sie die Testseite, drücken Sie NVDA+Pfeil runter und lassen Sie den gesamten Inhalt vorlesen. Achten Sie auf Auffälligkeiten wie fehlende Alternativtexte, unverständliche Bezeichnungen oder technische Begriffe[5][3].

Folgen Sie dann dem "aktiven" Test: Navigieren Sie mit Tab durch alle interaktiven Elemente und prüfen Sie die Reihenfolge. Verwenden Sie Schnellnavigationstasten: H für Überschriften, K für Links, B für Buttons, F für Formulare[2][14][9].

Häufige Fehler und ihre Lösungen

Das Problem mit rein visueller Gestaltung

Viele Entwickler gestalten Elemente nur visuell – große, fette Texte für Überschriften, rote Texte für Fehlermeldungen, oder farbige Buttons für wichtige Aktionen. Screenreader erkennen diese visuellen Hinweise nicht[10][12]. Die Lösung: Verwenden Sie semantisches HTML (, , ``) und ARIA-Attribute für zusätzliche Informationen.

Navigation ohne Struktur

Websites ohne klare Überschriftenhierarchie sind für Screenreader-Nutzer wie Bücher ohne Kapitelüberschriften. Die Navigation wird zum Ratespiel[1]. Die Lösung: Entwickeln Sie eine logische Überschriftenstruktur und testen Sie sie mit der H-Taste. Jede Seite sollte wie ein gut strukturiertes Dokument aufgebaut sein.

Unvollständige Formulare

Formulare ohne Beschriftungen sind die häufigste Ursache für Abbrüche. Nutzer können nicht erraten, was in ein Feld gehört, wenn nur "Textfeld" vorgelesen wird[11][13]. Die Lösung: Jedes Eingabefeld bekommt ein ``-Element, Pflichtfelder werden markiert, und Fehlermeldungen sind spezifisch und hilfreich.

Die Business-Relevanz perfekter Screenreader-Kompatibilität

Screenreader-optimierte Websites sind nicht nur rechtlich erforderlich, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll. Studien zeigen, dass 38% der Unternehmen nach Barrierefreiheits-Implementierung Umsatzsteigerungen verzeichnen[20][21]. Eine gut strukturierte, screenreader-freundliche Website verbessert gleichzeitig die SEO-Performance, da Suchmaschinen ähnlich wie Screenreader auf semantische Strukturen angewiesen sind[22][23][24].

Die rechtlichen Risiken sind beträchtlich: Bußgelder bis zu 100.000 Euro nach BFSG, Abmahnungen durch Wettbewerber und Reputationsschäden[25][26][27]. Proaktive Screenreader-Tests schützen vor diesen Risiken und erschließen gleichzeitig neue Zielgruppen.

Von der Theorie zur Praxis: Ihre nächsten Schritte

Diese sieben Sofort-Checks sind Ihr Startpunkt für screenreader-optimierte Websites. Beginnen Sie mit Ihrer wichtigsten Seite – meist der Startseite – und arbeiten Sie sich systematisch vor. Planen Sie etwa 30 Minuten pro Seite für einen gründlichen Test ein[3][10].

Dokumentieren Sie Ihre Findings und priorisieren Sie die Korrekturen: Kritische Probleme wie fehlende Alternativtexte oder unbrauchbare Navigation haben höchste Priorität. Weniger kritische Aspekte wie optimale Überschriftentexte können Sie in einer zweiten Runde angehen.

Screenreader-Tests sind kein einmaliges Projekt, sondern ein kontinuierlicher Prozess. Jede neue Funktion, jedes Update sollte screenreader-getestet werden. Nur so stellen Sie sicher, dass Ihre Website für alle Nutzer – sehend und blind – eine großartige Erfahrung bietet.

Die digitale Barrierefreiheit beginnt mit dem Verständnis dafür, wie Menschen mit Behinderungen das Internet nutzen. Diese sieben Checks bringen Sie diesem Verständnis einen großen Schritt näher und machen Ihre Website zu einem Ort, an dem sich alle Besucher willkommen fühlen.

Kostenloses Audit Ihrer Website

Lassen Sie uns Ihre Website auf Barrierefreiheit prüfen – kostenlos und unverbindlich

Themen:

BarrierefreiheitScreenreaderTestSofortWarum Screenreader-Tests unverzichtbar sindDie 7 Sofort-Checks für Screenreader-Kompatibilität